Monatsimpuls aus Kerala
Monatsimpuls aus Kerala
Monatsimpuls von Pater Augustine Vallooran vom Divine Retreat Centre Kerala
 
„Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde“
 (1 Kor. 9, 16)

(Von P. Augustine Vallooran VC)

Die Kirche existiert, um die frohe Botschaft der Erlösung durch Jesus Christus zu verkünden. Bei der Geburt Jesu überbrachte der Engel den Hirten die folgende Botschaft: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; es ist Christus, der Herr" (Lk. 2, 10 + 11). Jesus stellt gegenüber Nikodemus heraus, was die Frohe Botschaft seiner Sendung ist, indem er sagt: „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass Er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der glaubt, nicht zugrunde geht, sondern in IHM das Ewige Leben hat" (Joh. 3, 16). Durch seinen Tod und seine Auferstehung vollendete Jesus seine Mission der Erlösung der Menschheit. Seitdem ist es der Auftrag der auserwählten Jünger, die Mission der Verkündigung der Frohen Botschaft bis an die Enden der Erde fortzusetzen. „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen. Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden" (Mk. 16, 15 + 16).
Die Kirche erachtet daher die Verkündigung des Wortes Gottes als vordringliche Aufgabe, damit die, die an Jesus glauben nicht zugrunde gehen, wie der Herr versprochen hat.

„Der Herr hat mich gesalbt, um den Armen eine Frohe Botschaft zu bringen“ (Jes. 61, 1)

Direkt nach meiner Priesterweihe wollten meine Freunde, dass ich meine Primizmesse im Seminar feiere und ich lud die Mitarbeiter persönlich ein. Als ich den Jesuitenpater P. Joseph Neuner einlud, sagte er seine Teilnahme an meiner ersten Hl. Messe mit großer Freude zu und fügte mit einem Augenzwinkern hinzu: "P. Augustin, es ist wirklich Ihre erste Predigt, die Sie feiern sollten." Dann erinnerte er mich daran, dass es die vornehmliche Aufgabe des Priesters ist, das Wort Gottes zu verkünden. P. Neuner war einer der Berater beim Zweiten Vatikanischen Konzil.

Die Verkündigung des Wortes war die wichtigste Aufgabe in der frühen Kirche. Dies ist offensichtlich die Priorität schon seit Beginn des öffentlichen Wirkens des Herrn, als er die Apostel berief und ernannte. Der hl. Markus beschreibt diesen wichtigen Moment so: „Nachdem er die ganze Nacht gebetet hatte, kam Jesus vom Berg herunter und er rief jeden einzelnen und sonderte sie aus." Der Evangelist fährt fort: „Und Er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte, damit sie predigten und mit seiner Vollmacht Dämonen austrieben " (Mk. 3, 14 + 15).

Die Apostel waren sich der Vordringlichkeit dieser Mission tief bewusst. In der frühen Kirche gab es eine Krise, als die Witwen der Hellenisten darunter litten, dass sie bei der täglichen Versorgung übersehen wurden. Dieses unglückliche Murren wurde auch den Aposteln bekannt. Simon Petrus rief die Gemeinschaft der Jünger zusammen und sagte: „Es ist nicht recht, dass wir den Dienst am Wort Gottes vernachlässigen, um an den Tischen zu dienen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf und voll Geist und Weisheit. Wir aber wollen beim Gebet und beim Dienst am Wort bleiben“ (Apg. 6, 2 - 4). Simon Petrus stellt das Gebet und die Verkündigung als erste Aufgabe der Apostel heraus. Diese Entscheidung wurde von der ganzen Kirche übernommen.

Als die Apostel vom Herrn ausgesandt wurden, um zu predigen, kamen sie voller Freude zurück und berichteten dem Meister über den Erfolg ihrer Mission. Da stellte der Herr für sie klar: „Freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel eingeschrieben sind“ (Lk. 10, 20). Die Ehre des Predigers macht diese himmlische Identität aus. Der heilige Paulus stellt sich selbst bei der Eröffnung jedes Briefes an die Gemeinden vor als „der Diener Jesus Christi, der für das Evangelium ausgesondert wurde." Ferner erklärt er den Zweck seines Daseins damit: „Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, kann ich mich deshalb nicht rühmen, denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde" (1 Kor. 9, 16).
 
Es gibt eine Lehre, die wir aus dem Wirken Jesu ziehen sollen. „Als er ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen, denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben; und er lehrte sie lange" (Mk. 6, 34). Die Menschen hatten viele Probleme: Sie waren heimatlos, bedrängt und niedergeschlagen; doch die Antwort war die Gleiche. Er lehrte sie das Wort.
 
„Er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, nicht wie ihre Schriftgelehrten" (Mt. 7, 29)

Das Wort Gottes ist das Wort, das in demjenigen Fleisch angenommen hat, der es verkündet. Es wird nur dann als erlösende Botschaft von den Zuhörern angenommen. Maria nahm das Wort Gottes in ihrem Herzen an und sie übergab ihr Leben Gott und sagte: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn. Mir geschehe nach deinem Wort" (Lk. 1,38). Nachdem sie ihr Leben vollkommen Gott übergeben hatte, konnte sie der Welt den Heiland bringen.

Das, was verkündet werden soll, ist nicht eine bloße Idee vom Kopf her, sondern das, was man in seinem eigenen Leben erlebt hat. Der hl. Johannes schreibt: „Was von Anfang an war, was wir gehört und mit unseren Augen gesehen haben, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: das Wort des Lebens... damit unsere Freude vollkommen ist" (1 Joh. 1, 1 - 4). Der Apostel versucht seine Erfahrung in Worte zu fassen, eine Erfahrung, die sich untrüglich fest in seinem Herzen verankert hat - eine Erfahrung des Wortes, das Fleisch in ihm annahm und sein ganzes Sein mit Freude erfüllte. Es geht darum, das Wort Gottes in einer solchen Art und Weise zu überbringen, dass es seinen Zweck erfüllt: die Zuhörer mit der Freude des Lebens zu erfüllen.

Um dies ein bisschen besser zu verstehen, müssen wir wissen, dass es drei verschiedene Arten der Bedeutung des Wortes Gottes gibt: die historische, theologische und mystische. Alles in der Bibel steht in einem historischen Zusammenhang, obwohl die Bibel nicht in erster Linie geschrieben wurde, um uns Geschichte zu lehren. Lasst uns zum Beispiel die Geschichte von Zachäus in Lukas 19 studieren. Wir lesen darin vom obersten Zollbeamten, der auf einen Maulbeerfeigenbaum steigt und Jesus ruft ihn herunter, kehrt in seinem Haus ein und verkündet das Heil: „Heute ist in diesem Haus das Heil eingekehrt." Das ist ein Ereignis im Zeitstrahl der Geschichte. Diese Begebenheit enthält eine tiefe theologische Lehre, nämlich Gottes Barmherzigkeit.

Obwohl sich die Pharisäer und Schriftgelehrten darüber entsetzten, bekräftigt Jesus deutlich: „Denn der Menschensohn ist gekommen zu suchen und zu retten, was verloren war" (Lk. 19,10). Noch tiefer ist die persönliche Botschaft, die der Herr demjenigen geben will, der das Evangelium liest und darauf wartet, dass Gott zu ihm spricht. Das ist die mystische Erfahrung: Gottes Stimme zu hören, die jedem zuteil wird, der auf das Wort wartet. Die Bibel ist nicht einfach ein Buch, das geschrieben wurde. Es ist ein Wort, das gesprochen wird. Es birgt die Verheißung in sich, dass jeder, der die Bibel nach einem Gebet zum Heiligen Geist öffnet und sein Herz darauf vorbereitet hat, Gott zu hören, eine Botschaft von Gott empfängt. Im Hebräerbrief heißt es: „Tatsächlich ist das Wort Gottes lebendig, kraftvoll und schärfer als jedes zweischneidige Schwert; es dringt durch bis zur Scheidung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark; es richtet über die Gedanken und Regungen des Herzens“ (Hebr. 4, 12).

Die Hingabe des Predigers gebührt Jesus - Sein Wort zu lesen und auf ihn zu warten und seiner Stimme zuzuhören so wie die Mutter Gottes es tat, als sie „all diese Dinge in ihrem Herzen bewahrte" (Lk. 2, 51). Jesus gibt denen ein Versprechen, die darauf warten, dass Er zu ihnen spricht. „Was ich zu euch im Dunkeln sage, das verkündet bei Tag, was ihr geflüstert hört, das verkündet von den Hausdächern" (Lk. 2,51). Damit ein Prediger dem Herrn gegenüber wahrhaftig ist, muss er Zeit mit der Bibel in den Händen verbringen, indem er flehentlich darauf wartet, dass das Wort Gottes in ihm Fleisch annimmt. Alles, was er braucht, ist die Verkündigung des Wortes Gottes, das in ihm Fleisch angenommen hat und sich als Freude in seinem Herzen niedergeschlagen hat in Zeiten der Sorge, als Hoffnung in den Momenten der Versuchung. Dann werden seine Worte überzeugend sein. Der Prophet Ezechiel gibt uns ein Zeugnis. „Menschensohn, sagte er zu mir, gib deinem Bauch zu essen, fülle dein Inneres mit dieser Schriftrolle, die ich dir gebe. Ich aß sie und sie wurde in meinem Mund so süß wie Honig. Dann sagte er zu mir: Menschensohn, gehe nun zum Haus Israel und sprich mit meinen Worten zu ihnen" (Ez. 3,3). Der Psalmist gibt das folgende Zeugnis: „Wäre dein Gesetz nicht meine Freude, ich wäre in meinem Elend zugrunde gegangen" (Ps. 119,92). Der Psalmist scheint schlimme Zeiten durchlebt zu haben, er spricht von Niedergeschlagenheit; aber er zerbrach daran nicht, da das Wort Gottes seine Herzensfreude geworden war. Durch solche Erfahrungen mit dem Wort wird der Inhalt der Verkündigung geboren.

„Er sandte sein Wort aus und heilte sie" (Ps. 107,20)
 
Eine junge Lehrerin teilte eines Tages ihr Zeugnis mit mir. Sie hatte ein Problem mit ihrem Temperament. Ihr Mann konnte damit umgehen. Auch ihre Kinder hatten sich an ihre Wutausbrüche gewöhnt. Tatsächlich war das Aufkommen ihres Zorns nur eine Frage von Minuten. Sie war eigentlich eine sehr liebenswerte Person. Doch ihre Schüler und Kollegen in der Schule hatten ein echtes Problem. Ihr Direktor ermahnte sie wiederholt, aber tolerierte sie, da sie sehr hart und gezielt arbeitete. Eines Tages jedoch bekam sie während einer Sitzung des Lehrerkollegiums einen Wutausbruch und viele aus dem Lehrerkollegium nahmen daran Anstoß und beschwerten sich beim Direktor. Er verwarnte sie ein letztes Mal.
Sie war verzweifelt. An diesem Abend kam sie nach Hause und betete unter Tränen. Sie bat Gott um Hilfe. Während sie die Bibel las, spürte sie, wie die zärtliche Liebe Gottes sie tröstete. Gerade, als sie zum Vers 29 von Kapitel 11 im Matthäusevangelium kam, spürte sie einen ganz tiefen Frieden und eine große Stärke. Der Vers heißt: „Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und von Herzen demütig - so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele" (Mt. 11,29). Sie betete und bat Gott dabei um die Gnade, von ihm zu lernen gütig und demütig zu sein, so dass sie in Ihm Ruhe fände. Sie empfing eine Bestätigung vom Herrn, dass ER ihr diesen Vers ins Herz einsprechen würde und sie auf den Pfad der Sanftheit und Demut führen würde, so dass sie Ruhe in IHM finden würde. Lange Zeit war sie im Gebet versunken und dankte und pries Gott für Sein Versprechen. Jeden Morgen wachte sie auf und dankte Gott für die Verheißung, dass er sie persönlich lehren würde, gütig und demütig von Herzen zu sein. Einige Tage später unterlief ihrem Sohn ein Missgeschick und sie fühlte, wie ihr Zorn wieder hochkochte und plötzlich vernahm sie die Einsprechung des Herrn: „Lernt von mir, denn ich bin gütig und demütig von Herzen." Gerade in diesem Moment wich ihr jähzorniges Temperament. Das wurde für sie zu einer sehr bereichernden Erfahrung.

Jeden Morgen, wenn sie aufwachte und Gott für das Versprechen dankte, begleitete er sie durch das Wort Gottes. Während die Monate verstrichen, machte sie wiederholt die Erfahrung, wie der Herr sie befähigte, ruhig zu bleiben in Momenten der Irritation. Das ist genau das, was der Herr von jedem Prediger will, dass seine Worte in ihnen bleiben.

„Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich zu euch gesagt habe (Joh. 15,13)

Das Wort Gottes als zweischneidiges Schwert arbeitet zunächst im Prediger, indem er sich seiner Unwürdigkeit bewusst wird. Er muss in aller Demut auf Gott warten, damit ihm vergeben wird, so wie es Jesaja im Tempel tat (Jes. 6). Der Prophet wurde von der Heiligkeit Gottes überwältigt, als er in einer Vision sah, wie die Engel um den Thron Gottes herumflogen während sie riefen „Heilig, heilig, heilig, heilig ist der Herr der Mächte!" Ihm wurde seine Unwürdigkeit ganz tief bewusst und er schrie aus tiefstem Schmerz: „Weh mir, ich bin verloren, denn ich bin ein Mann mit unreinen Lippen ..." Gott sagte ihm seine Vergebung zu und ein Engel berührte seine Lippen mit einer glühenden Kohle, die vom Altar genommen worden war. Dann hörte er die Stimme Gottes: „Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen?" Jesaja bot sich selbst an: „Hier bin ich, sende mich!" Er bekam den Auftrag von Gott sein Wort weiterzugeben: „Geh und verkünde diesem Volk“.

Diese Sendungserfahrung ist grundlegend wichtig für den Propheten. Die erste Hingabe eines Propheten gebührt Gott selbst. Jede andere Verkündigung, die nicht die Frucht einer Gebetserfahrung ist, ist Gott selbst gegenüber unwahrhaftig. Die Klage Gottes durch den Propheten Jeremia ist für uns eine Warnung. „Aber der Herr erwiderte mir: Lüge ist, was die Propheten in meinem Namen verkünden. Ich habe sie weder gesandt noch beauftragt, ich habe nicht zu ihnen gesprochen. Erlogene Visionen, leere Wahrsagerei und selbst erdachten Betrug verkünden sie euch. Darum spreche ich, der Herr, so gegen die Propheten, die in meinem Namen weissagen, obwohl ich sie nicht gesandt habe, und die behaupten, Schwert und Hunger werde es nicht geben in diesem Land: Durch Schwert und Hunger werden diese Propheten enden" (Jer. 14, 14+15).

Diese Hingabe an den Herrn muss mit einer treuen Hingabe an die Kirche verbunden sein, denn Jesus hat den Aposteln die Mission der Verkündigung des Wortes anvertraut. „Später erschien Jesus auch den Elf, als sie bei Tisch waren; er tadelte ihren Unglauben und ihre Verstocktheit, weil sie denen nicht glaubten, die ihn nach der Auferstehung gesehen hatten. Dann sagte er zu ihnen: Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!" (Mk. 16, 14+15). In der Kirche gibt es eine vom Herrn eingesetzte Autorität zu lehren, damit die Botschaft des Evangeliums unverkürzt an die nächsten Generationen weitergegeben wird. Die Prediger müssen sich diesem Lehrauftrag unterstellen, damit sichergestellt ist, dass sie den Absichten Jesus treu sind. Diese zweiseitige Unterordnung der Hingabe an Jesus und die Kirche ist wichtig für den treuen Prediger.
Lasst mich mit den Worten von Papst Franziskus enden: „Erneuern wir unser Vertrauen in die Verkündigung, das sich auf die Überzeugung gründet, dass Gott es ist, der die anderen durch den Prediger erreichen möchte, und dass er seine Macht durch das menschliche Wort entfaltet" (Evangelii Gaudium 136).

Gebet
Herr, wir danken dir, dass du uns in den Momenten der Bedrängnis dein Wort zum Trost gegeben hast, um uns deine Liebe zu zeigen. Schenke uns die Gnade, dein Wort zu lesen und darauf zu warten, deine Stimme zu hören. Lass dein Wort unsere Herzensfreude und die Leuchte auf unserem Weg sein. Lass uns jede Entscheidung im Licht deines Wortes treffen, so dass wir sicher sind, deinen Willen zu tun und auf dem rechten Weg zu sein. Lass uns nicht allein in Zeiten der Dunkelheit. Hilf uns dann, dein Wort aufzunehmen und darin deine Gegenwart und dein Licht zu finden. Amen.

Herunterladen